Von Mirko Dietrich und Andreas Reichelt
15. Expertentreffen der Energiemetropole Leipzig
Krise, Chancen und Optionen
Am 21. November 2022 fand im Leipziger KUBUS das 15. Expertentreffen der Energiemetropole Leipzig statt. Unter dem Motto „CO2-NEUtrale Stadt Leipzig: – Wie geht’s?“ luden die Energiemetropole Leipzig, das Amt für Wirtschaftsförderung Leipzig und das Netzwerk Energie & Umwelt (NEU) e. V. Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zum Diskurs. Neben dem Weg zur CO2-neutralen Stadt im Besonderen waren die aktuelle Versorgungslage und Wege aus der Energiekrise im Allgemeinen die Leitthemen.
In seinem einleitenden Grußwort betonte Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Clemens Schülke die Bedeutung der Veranstaltung: „Energieerzeugung muss kurzfristig breit aufgestellt werden, vor allem im Strom.“ Der Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse dringend beschleunigt werden. Auf ihnen liegt alle Hoffnung auf unabhängige, saubere und bezahlbare Energie. Dazu böten die Teilnehmenden die Technologien, Dienstleistungen und Innovationen an, mit denen sich die Stadt und ihre Bevölkerung selbst aus der Krise befreien können. Die Wirtschaftsförderung helfe bei einem begrenzten kommunalen Budget wo sie könne, mit Projekten wie der Wasserstoffstadt, einem Solar-Booster oder dem Innovationszentrum Klimawandel.
Staatsminister Wolfram Günther, dessen Ministerium mit der Veranstaltung die Themenwoche „Wege aus der Energiekrise“ einleitete, sagte dazu: „Energiekrise und Klimakrise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die enorm hohen Preise für Strom, Gas und Wärme zeigen überdeutlich: Wäre der Ausbau erneuerbarer Energien in der Vergangenheit nicht ausgebremst worden, wären wir heute viel weiter beim Klimaschutz, und einen Großteil der aktuellen Herausforderungen – hohe Preise und Unsicherheit – hätten wir schlicht nicht.“ Eine beschleunigte Energiewende reduziere die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und garantiere damit Sicherheit sowie verlässlichere Preise und bremse damit auch die Klimakrise ab. „Und sie stärkt die Wirtschaft, denn der Ausbau von Wind und Solar bietet Sachsen große Wertschöpfungspotenziale und den regional erzeugten CO2-freien Strom, den die Wirtschaft auf ihrem Weg zur Klimaneutralität dringend braucht.“
Dr. Enrico Schöbel, Geschäftsführer des Instituts der Wirtschaft Thüringens, beleuchtete in seinem Vortrag, welche wirtschaftlichen Auswirkungen, betriebswirtschaftlichen Perspektiven und Mehrwerte das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) für Unternehmen – nicht nur in der Logistik – schon bietet und bieten wird. Stichwort: Kreislaufwirtschaft statt Abfallwirtschaft.
Wie erfolgreich besonders unkonventionelles Herangehen sein kann, konnte Ferid Giebler, Bürgermeister der Gemeinde Muldestausee, beweisen. Hier haben sich alle regional Beteiligten zusammengeschlossen und gemeinsam mit einem Energieberatungsunternehmen ein umfassendes Konzept für die Erzeugung erneuerbarer Energien, Bevölkerungswachstum, Infrastruktur und Tourismus entwickelt – um mit diesem Fördermittel für die Umsetzung einzuwerben.
Nach einer ausgiebigen Pause zur Vernetzung bekamen die Teilnehmenden einen Einblick in die Start-Up-Szene sowie in aktuelle wissenschaftliche Projekte der Leipziger Forschungslandschaft. Neben Ansätzen und Lösungen für das Energie- und Wärmemanagement wurde die Kreislaufwirtschaft von Materialen der Luftfahrt und Windenergie sowie die innerstädtische Logistik thematisiert.
Im Weiteren folgten drei umfangreiche, fachlich hoch qualifiziert geleitete Diskussionsforen: Die Leipziger Wirtschaftsförderung moderierte das Thema Innovationsförderung – Klimaneutralität und Klimaanpassung für KMUs, die JENA-GEOS-Ingenieurbüro GmbH stellte Erneuerbare Energien in der Stadt zur Diskussion und wie Unternehmen davon profitieren können und die Session des Staatsbetriebs Sachsenforst beleuchtete, wie die Forstwirtschaft und der Rohstoff Holz in dessen Lebenszyklus zur Energieerzeugung und Klimaanpassung beitragen kann.
Die Frage war: CO2-NEUtrale Stadt Leipzig – Wie geht‘s? Zum einen heißt dies, wie weit Unternehmen und Kommunen z.B. in der Umsetzung von Maßnahmen zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz sind und weshalb die gesetzten Ziele bisher erreicht bzw. nicht erreicht wurden. Liegen die Gründe für die aktuellen Probleme in einer Trägheit der Routine oder im Setzen auf Erdgas als preiswertem Primärenergieträger (nach Erdöl) und der Vernachlässigung von Investitionen und Förderungen seitens der Politik? Oder verlangsamen gesetzliche Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren eine zeitnahe Umsetzung?
Zum anderen, stellt sich nun die Frage, an welchen Stellschrauben man unter den aktuellen Bedingungen ansetzen kann und muss. Wie lässt sich aufholen, was in der Vergangenheit liegengelassen wurde und welche weiteren Entwicklungspfade können nun eingeschlagen werden, auch unter Berücksichtigung neuer technologischer Konzepte wie Aquathermie oder industrieller Abwärme?
Dazu wollte das Expertentreffen vor allem einladen: Unternehmen aufzeigen, die Innovationen bereits umsetzen und kommunale Ideen vorstellen, wie in Gemeinsamkeit neue Konzepte umgesetzt werden können. Aber auch, welche Rolle einzelne Akteure wie die Stadtwerke oder Netzwerke in Zukunft einnehmen können und wie eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft innovative Produkte hervorbringen und dabei gleichzeitig Ressourcen schonen u n d Energie erzeugen kann?
Die Antwort ist: Es gibt nicht DIE Antwort, DEN Energieträger oder DAS Konzept. Die Lösung liegt in der Komplexität der Aufgabe. Wir brauchen eine größere Vielfalt an Energieträgern: Zum einen erneuerbare Energien aus Wind, Sonne, Erdwärme oder Biomasse, zum anderen neue Energieträger aus z. B. Recyclingprozessen. Eine Lehre aus der Vergangenheit muss sein: Nicht die preiswerteste Wahl der Energie, sondern ein für alle Beteiligten und die Natur nachhaltig und langfristig ausgelegter Energiemix muss im Vordergrund stehen.
Es bedarf eines gemeinsamen Willens und der Wirtschaftlichkeit für Unternehmen, um neben gesetzten Transformationszielen weiterhin Wertschöpfung zu generieren. Unternehmen müssen bei den neuen Herausforderungen stärker unterstützt werden, damit sich neben Themen wie Energieversorung und Energieverbrauch auch die internen Prozesse anpassen und effizienter werden. Dafür benötigt es neben den politischen Rahmenbedingungen und Anreizen auch eine flexiblere und effizentere Verwaltung, um innovative Lösungen in die Umsetzung zu bringen. Dabei ist wahrscheinlich auch ein kommunales Unternehmen oder die Kommune selbst in der Pflicht, mit Pilotprojekten voranzugehen.